Archives for Mai 2013

Wir werden am Gedenken für die Opfer der Deportationen festhalten

Initiative „Gedenkort Güterbahnhof Darmstadt“

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Mitteilung an die Medien                                       24. Mai 2013

Wir werden am Gedenken für die Opfer der Deportationen festhalten

Den Künstlern Ritula Fränkel und Nicholas Morris ist die 2004 verwirklichte Konzeption für das Denkzeichen am Güterbahnhof zu verdanken. Es ist den Sinti-Familien und den jüdischen Opfern der 1942/1943 von Darmstadt ausgegangenen Deportationen in den Völkermord gewidmet. Das Denkzeichen wurde 2006 schwer beschädigt und 2013 unter großem finanziellem Aufwand mit Hilfe von Spenden und Mitteln aus dem Haushalt der Wissenschaftsstadt Darmstadt wieder hergestellt. Zwei Monate nach der erneuten Einweihung im März dieses Jahres ist das Denkzeichen wieder – alle Anzeichen deuten darauf hin: absichtlich – schwer beschädigt worden.

Ritula Fränkel und Nicholas Morris haben dazu eine Erklärung mit folgendem Wortlaut abgegeben:

Denkzeit für das Denkzeichen

 Wir empören uns!

Das Denkzeichen Güterbahnhof ist erneut angegriffen und beschädigt worden.

Deshalb sollte der Glaskubus sofort an einen sicheren Ort gebracht werden.

Weitere Angriffe sind zu befürchten.

Ein Verweis auf die Wunde, die mit der Zersplitterung des Glases wieder aufgerissen wurde, soll vor Ort angebracht werden. Anstelle des Objekts der Zerstörung wird ein Text erklären, dass es notwendig geworden ist, einen Schutz für die Namen der während des Nationalsozialismus deportierten Darmstädter zu finden, die in dem Glaskubus genannt sind.

Die Dauerhaftigkeit des Erinnerns muss gewährleistet sein.

 Wir brauchen eine Denkzeit, um die Sicherung und Weiterentwicklung der Kunstinstallation in Folge der aktuellen Beschädigung zu planen. 

Die Wunde soll offen bleiben.

 Ritula Fränkel

Nicholas Morris

Wir hoffen auf Unterstützung.“

Als Initiative „Gedenkort Güterbahnhof Darmstadt“ veröffentlichen wir diese Erklärung der beiden Künstler mit deren Einverständnis und fügen hinzu: Wir haben die Initiative für den Gedenkort vor mehr als 10 Jahren eingeleitet, sie unterstützt und begleitet und teilen die Empörung und das Gefühl tiefer Verletzung, die in der Erklärung von Ritula Fränkel und Nicholas Morris zum Ausdruck gebracht werden. Wir fordern die Aufklärung des kriminellen Angriffs auf das Denkzeichen am Güterbahnhof, der eine Verhöhnung nicht nur der Darmstädter, sondern aller von den Nationalsozialisten in die Todeslager deportierten Opfer darstellt. Das Denkzeichen ist offensichtlich eine fortwährende Provokation für Angriffe, die Antiziganismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Menschenverachtung oder auch dumpfen Vandalismus zum Hintergrund haben. Wir begrüßen den raschen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, die Beseitigung des dem Denkzeichen zugefügten Schadens unverzüglich in die Wege zu leiten. Wir werden alle Schritte unterstützen, die dem Gedenken an die Darmstädter Deportationsopfer einen dauerhaft geschützten Raum verschaffen. Dies sind wir den Ermordeten, ihren Familien und den Überlebenden der Nazibarbarei schuldig.

Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner:

Renate Dreesen und Peter Schmidt (Sprecherin und Sprecher der Initiative Denkzeichen am Güterbahnhof), Jochen Partsch (Oberbürgermeister), Hannelore Skroblies (Darmstädter Geschichtswerkstatt e.V.), Monika Kanzler-Sackreuther (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Südhessen), Dr. Elisabeth Krimmel, Prof. Dr. Werner Durth,  Ulrike und Otto Schüttler,  Dr. Hans Joachim Landzettel,  Christoph Jetter,  Peter Gooss,Martina Hammann, Klaus Müller, Marion Ahl, Peter Brunner, Hans-Willi Ohl,Ute Meißner-Ohl, Brigitte Ehrhardt, Volkmar Schweickert, Renate Knigge-Tesche, Thomas Altmayer, Gabriella Deppert, Dr. Fritz Deppert, Marc Mandel, Ellen Eckhardt, Lothar Triebel, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Darmstadt e.V., Godehard Lehwark, Rückblende gegen das Vergessen und Gegen Vergessen-Für Demokratie, Reg. Arbeitsgruppe Nordhessen/ Südnieder-sachsen,Ernst Klein, Alexander Staab, Rainer Sens, Bürgermeister der Stadt Hirschhorn am Neckar, Volker Weber, Anna und Peter Berneiser, Prof. Dr. Gerd Steffens,Karin Steffens, Dr. Bärbel Söllner, Gerhard Langermann, Michaela Rützel, Sylvia Gerspach, Inge Landzettel, Birgitt Bär, Dietlinde King, Brigitte Göckel, Folkmar Schirmer, Dr. Monika Hölscher, Evangelische Marienschwesternschaft e.V.,34 Mitglieder der Wohnungsbaugenossenschaft AGORA eG Darmstadt, Hannes Heer

Unterstützende Unterschriften können mitgeteilt/eingesandt werden an:

Renate Dreesen, Adam-Schwinn-Str. 49, 64319 Pfungstadt, Tel. 06157-84470 rdreesen@gmx.net

Peter Schmidt, Lauteschlägerstr. 19, 64289 Darmstadt,Tel 06151/74543 c.p.schmidt@arcor.de


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Mahnmal für deportierte Juden, Sinti und Roma erneut zerstört

17. Mai 2013  | bif

Mahnmal für deportierte Juden, Sinti und Roma erneut zerstört

Erste Zerstörung zog 41.000 Euro teure, zum Großteil aus Spenden finanzierte Sanierung nach sich

Kaputt gemacht: Das Denkzeichen Güterbahnhof, das an die Deportation von Juden, Sinti und Roma erinnert und erst vor zwei Monaten für 41 000 Euro saniert worden war. Magistratsmitglied Peter Schmidt hat den Schaden am Freitag entdeckt.  Foto: Roman Grösser

Vergrößern | Kaputt gemacht: Das Denkzeichen Güterbahnhof, das an die Deportation von Juden, Sinti und Roma erinnert und erst vor zwei Monaten für 41 000 Euro saniert worden war. Magistratsmitglied Peter Schmidt hat den Schaden am Freitag entdeckt. Foto: Roman Grösser
DARMSTADT.

Mitte März war das Denkzeichen Güterbahnhof für die deportierten Juden, Sinti und Roma nach einer 41 000 Euro teuren, zum Großteil aus Spenden finanzierten Sanierung wieder aufgestellt worden. Nun wurde es erneut zerstört. Die Stadt hat Anzeige erstattet.

„Diese wiederholte Beschädigung des Denkzeichens Güterbahnhof stimmt mich sehr traurig und gibt auch Anlass zur Sorge“, sagte Oberbürgermeister Jochen Partsch, der sich nach Bekanntwerden des Schadens am Güterbahnhof einfand.

Vor dem Hintergrund des NSU-Prozesses in München, der beleuchtet, wie aktiv der militante Rechtsterrorismushierzulande aktuell ist, sei es geboten, schnellstmöglich aufzuklären, „ob es sich um eine gezielte rechtsextremistische Zerstörung handelt oder aber um eine kriminelle Sachbeschädigung ohne politischen Hintergrund“.

Das Denkmal müsse jetzt gemeinsam mit den Opfergruppen owie der Initiative Denkzeichen untersucht und es müsse überlegt werden wie es erneut restauriert werden kann. Partsch: „Mein Ziel ist es, einen würdigen und sicheren Ort für das Denkzeichen Güterbahnhof zu haben.“

Hinweise nimmt die Polizei unter der Telefonnummer 06151 969-0 entgegen.

Das Denkzeichen Güterbahnhof wurde 2004 zur Erinnerung an die Juden, Sinti und Roma, die 1942/1943 von Darmstadt aus in die Vernichtungslager deportiert wurden, in der Bismarckstraße/Ecke Kirschenallee am ehemaligen Güterbahnhof errichtet. Entworfen wurde das Denkzeichen von dem Künstlerpaar Ritula Fränkel und Nicholas Morris. Von einem Prellbock führen Eisenbahnschienen zu einem Glaskubus. Im Inneren des Kubus befinden sich Glasscherben, auf denen 450 Namen graviert sind, stellvertretend für 3.400 Menschen aus Darmstadt und der Region, die von diesem Ort aus in die Konzentrationslager Osteuropas gebracht wurden.

In der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 2006 wurde das Denkzeichen am Güterbahnhof durch randalierende Jugendliche erheblich beschädigt. Das Denkzeichen stand bis Ende des Jahres 2012 im beschädigten Zustand am Güterbahnhof. Auch aus Anlass des „Darmstädter Gedenkjahres gegen des Vergessen“ wurde der Kubus dann abgebaut, restauriert und neu installiert.

Die Kosten von insgesamt rund 41.000 Euro übernahmen engagierte Bürgerinnen und Bürger, Darmstädter Institutionen und die Stadt Darmstadt gemeinsam. Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung an die letzten großen Deportationen 1943 war das Denkzeichen Güterbahnhof am 11. März zum Auftakt des Gedenkjahres 2013 „Gegen das Vergessen“ wieder aufgestellt worden. Diese Gedenkveranstaltung war auch mit einer Rede von Oberbürgermeister Jochen Partsch die Auftaktveranstaltung für das Gedenkjahr.

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